Mein Hund zieht an der Leine - was kann ich tun, wenn mein Hund auf Level 10 ist?

Mein Hund zieht an der Leine - was kann ich tun, wenn mein Hund auf Level 10 ist?

Wir werden immer wieder von Kunden gefragt, was kann ich in einer Level 10 Situation machen? Unsere klassische Antwort lautet:

Wir arbeiten nicht am Level 10! Ist der Hund erst zwischen Level 8-10 ist er für uns nicht oder nur sehr schwer erreichbar und bereits aus der  Kommunikation mit uns  ausgestiegen. Aus diesem Grund arbeiten wir schon sehr früh daran, dass Vorwärtsdenken des Hundes in einem niedrigen Level zu unterbinden. Dafür ist es notwendig, das Vorwärtsdenken frühzeitig zu erkennen und über eine Korrektur zu stoppen, da der Hund bei weiterem Anstieg des Energielevels auch immer mehr in eine Stresssituation kommt.

Sehr häufig kommt es vor, dass der Hundehalter das Vorwärtsdenken nicht frühzeitig erkennt oder der Hund blitzschnell in ein hohes Erregungslevel kommt und somit zu spät in das Geschehen eingreift bzw. eingreifen kann. Manchmal ist der Hundehalter auch noch nicht in der Lage eine Korrektur zeitgerecht umzusetzen. Aus diesem Grund haben wir uns das Energielevel des Hundes ausführlich betrachtet und geben Euch folgende Tipps an die Hand:

 

Tipp Nummer 1:

Die klassische Basisarbeit im Bereich Level 1-4. Wir unterbinden oder stoppen das Vorwärtsdenken des Hundes durch eine entsprechende Korrektur. Zur Erinnerung: wir korrigieren mit gelb (körpersprachliche Verwarnung mit Energie und Körperspannung) oder rot (taktile Korrektur mit Energie und Körperspannung UND Berührung), die dem Hund signalisiert, was er lassen soll. Auf diesem Energielevel ist Euer Hund gut ansprechbar bzw. im Gespräch mit Euch. Je nach Hund, kann auch das Ansprechen mit dem Namen des Hundes und eine freundliche, körpersprachliche Einladung in Eure Richtung ausreichend sein, um das Vorwärtsdenken Deines Hundes zu unterbrechen.

 

Tipp Nummer 2:

Euer Hund ist bereits auf Level 5-7 und zeigt schon sehr deutlich, dass es ihm schwer fällt mit Euch im Gespräch zu bleiben oder wieder ins Gespräch zurück zu kommen. Ist der Hund schon in diesen Leveln angelangt wird es oft schwer mit einer Korrektur das Vorwärtsdenken zu unterbinden. Für manche Hunde und auch Hundeführer*innen ist es jetzt leichter ein Kommando (Tu das Kommunikation) auszuführen z.B. Sitz, Platz, Fuß oder ähnliches. Bei dem Aufbau eines Kommandos ist es wichtig auf einer Ebene zu arbeiten auf der der Hund keine Fehler machen kann und damit auch stressfrei lernen darf. Natürlich bedarf es hierzu ein wenig Geduld und Ausdauer aber Ihr könnt Eurem Hund mit einem klaren und positiv kleinschrittig aufgebauten Kommando durch Level 5-7 helfen und ihn damit für Euch wieder ansprechbar zu machen. Der Aufbau erfolgt natürlich außerhalb der Stresssituation, zu Beginn zu Hause komplett ohne weitere Ablenkung und steigert sich dann in Ablenkung und auch Dauer der Ausführung. Hier müsst Ihr tatsächlich üben und fleißig sein, bevor ein aufgebautes Wort eine Hilfe in der Stresssituation sein kann. Aber Ihr werdet ganz nebenbei feststellen, dass das einüben von Kommandos, welche auch immer das sein werden, den meisten Hunden sehr viel Freude bereitet und Ihr ganz nebenbei an Eurer Beziehung arbeitet, Ihr Eure Beobachtungsgabe und Euer Timing schult und müde wird der Hund nach einer kleinen Trainingseinheit auch sein 😉

 

Tipp Nummer 3:

Dein Hund befindet sich bereits auf Level 8-10. Hier ist es nicht mehr oder nur sehr schwer möglich mit dem Hund zurück ins Gespräch zu kommen. Ihr könnt Euch die Leine vor dem Körper blockieren und nichts anderes tun, als die Außenreizlage „auszuhalten“, solange bis diese vorbei ist. Was jetzt wichtig ist, dass Ihr diese Entscheidung aktiv für Euch und Euren Hund trefft, ungeachtet was das Umfeld gerade tut, sagt oder denkt.

Ihr könnt auch die Distanz vergrößern, umso den Hund die Möglichkeit zu geben von alleine  wieder in ein niedrigeres Level zu kommen. Tatsächlich ist es auch mal eine gute Idee, dem Außenreiz aus dem Weg zu gehen, solange man noch nicht bei Level 1-7 angekommen ist.

Auch umkehren ist eine Möglichkeit im Notfall.

Sowohl die Verwarnungen und die Korrekturen als auch konditionierte Kommandos können Euch helfen, mit eurem Hund vertrauensvoll im Gespräch zu bleiben oder wieder ins Gespräch zu kommen, um die herausfordernden Situationen zu meistern.

 

Hier eine schematische Beschreibung, wie unsere Hunden in den verschiedenen Leveln aussehen oder sich zeigen:

 

LEVEL 1-4:

Euer Hund hat eine lockere, entspannte Körperhaltung und schnüffelt z.B. am Boden nimmt Außenreize wahr ohne diese zu fixieren, erkundet entspannt die Umgebung und ist mit Euch im Gespräch. Auch ein entspanntes Schauen, was der Außenreiz da treibt ist möglich. Ein leichtes Vorwärtsdenken ist gut mit Verwarnung, Korrektur oder Ansprache zu stoppen. Individuell werden die Korrekturen oder die Handlungen an das Mensch-Hund-Team angepasst. Siehe Tipp Nummer 1.

 

LEVEL 5-7:

Euer Hund wendet sich einem Außenreiz deutlich zu ,was bereits zeigt, dass der Hund deutlich im Vorwärtsdenken ist. Er setzt seine Nase ein, um zu prüfen, ob er in irgendeiner Weise hier eine Entscheidung treffen muss oder ist schon mitten im Treffen SEINER Entscheidung. Der Hund bewegt sich eventuell schon deutlich auf den Außenreiz zu oder vokalisiert schon. Vermutlich ist die Leine schon gespannt und Ihr werdet deutlich nervös 😉 In diesem Bereich wird es für manche Hundehalter*innen schon schwer über Verwarnungen oder Korrekturen mit dem Hund zurück ins Gespräch zu kommen und ihn im Erregungslevel wieder zu senken. Wie im Tipp Nummer 2 beschrieben kann euch hier das sichere Ausführen eines Kommandos sehr hilfreich sein.

 

Level 7-10:

Ja nach Ausprägung der Reaktion auf einen Reizauslöser wird der Hund stark an der Leine ziehen, knurren, bellen oder toben und sich dem Reiz stark zuwenden. Je nach Größe und Gewicht Deines Hundes wird es ein Kraftakt diesen zu halten, Eure Nervosität ist eventuell auch nicht mehr zu kontrollieren. Hier ist es oft sehr schwierig bis unmöglich den Hund wieder ins Gespräch zu bekommen. Hier machen dann sowohl Korrekturen als auch das Abrufen von Kommandos keinen Sinn mehr und bringen Euch und Eure Hunde nur weiter in eine Konfliktsituation.

 

Bei allen genannten Maßnahmen, Tipps und Hilfen, beachte aber folgendes:

Euer Hund braucht zum Ausgleich auch Level 10 Situationen, aber diese solltet Ihr herstellen und mit dem Hund gemeinsam ausleben. Euer Hund wird es super toll finden, wenn er zusammen mit Euch auf Level 10 sein darf. Hierfür ist Spiel und Spaß gut geeignet, Ihr dürft gemeinsam rennen, flitzen und wild sein 😊

 

Wenn du mehr über reaktive Hunde erfahren willst, empfehlen wir dir unseren hedda.Talk 

"Der reaktive Hund" - zu finden in unserer Übersicht.

 


ÜBER DEN AUTOR

Autor

Kati Müller und Tine Sehnert

Kati ist am 25.01.1973 geboren und Hundetrainerin der hundeTEAMschule, Züchterin, Ernährungsberaterin für Hunde, Krankenschwester, Ehefrau und Mutter von zwei Kindern. Seit ihrer Kindheit ist Hund DAS Thema für sie. Seid 2005 ist sie eng mit der hundeTEAMschule und Anita Balser verbunden. Ihre Stärke liegt in der individuellen Betreuung von Mensch und Hund.

Tine ist am 09.09.1967 geboren und Hundetrainerin der hundeTEAMschule und sportbegeisterte Mutter einer erwachsenen Tochter. Hunde, insbesondere die Liebe zum Deutschen Schäferhund, begleiten sie seit ihrer Jugend. Christine Sehnert ist Trainerin aus Leidenschaft mit einer großen Portion Humor. In der engen Zusammenarbeit mit Kati Müller gibt es immer etwas zu lachen und das ist bekanntlich gesund.